Die technische Zukunft des Gerüstbaus: „Wir setzen auf einfache Effizienz“ - ABZ

2021-11-26 03:34:38 By : Mr. Leo Chen

Jochen Gebauer, Technischer Leiter bei Scafom-rux Deutschland, ist der Meinung, dass die Entwicklung der Gerüsttechnik auch in Zukunft Kompromisse erfordern wird.

ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga sprach kürzlich mit Jochen Gebauer, Leiter der technischen Abteilung bei Scafom-rux Deutschland, über die Rolle des modularen Fassadengerüsts in Bezug auf das TRBS-2121.

ABZ: Gerüsthersteller haben seit einigen Jahren verschiedene Ansätze für TRBS-konforme Produkte vorgestellt. Schnell hat man den Eindruck, dass die optimale Lösung noch nicht gefunden wurde. Herr Gebauer, wie beurteilen Sie das?

Gebauer: Für TRBS 2121 gibt es eine breite Produktpalette, die natürlich auch den Arbeitsschutz im Blick hat. Es gibt minimalistische Lösungen, wie Konsolen und Pfosten, aber auch Komplettlösungen, wie sie in Frankreich seit Jahrzehnten verkauft werden. Also komplette, starre Schutzgeländersysteme, die nicht mehr erweitert werden können. Und dann, je nach Hersteller, große Rahmenkonstruktionen oder einteilige Pfosten, die auf das Gerüst aufgesetzt und von Position zu Position mitgenommen werden können oder alternativ Pfosten, die dauerhaft auf dem Gerüst verbleiben. Die Produktvielfalt ist sicherlich gegeben, denn jeder Hersteller hat eine andere Idee und andere Herangehensweisen.

ABZ: Und die Vielfalt wird jetzt durch das relativ junge „Modulare Fassadengerüst“ auf dem Markt ergänzt.

Gebauer: Die Grundentscheidung für den Anwender ist, ob er sein bewährtes System mit zusätzlichen Lösungen vital halten will oder lieber ein System mit integrierter Vorabsicherung? Mit unseren Produkten bieten wir für beide Varianten die optimalen Lösungen.

ABZ: Wie ordnen Sie das „modulare Fassadengerüst“ ein?

Gebauer: Das modulare Fassadengerüst ist eine logische, konsequente Weiterentwicklung des Modulgerüsts. Blicken wir zurück in die Vergangenheit, haben wir irgendwann mit dem Holzleitergerüst angefangen, dann kam die Rohrkupplung, dann das Rahmengerüst und dann das Modulgerüst. Seit seiner Entwicklung hat sich jahrzehntelang wenig geändert - außer Gewicht und Stabilität. Aber das Grundprinzip ist gleich geblieben. Dass das klassische Modulgerüst in der Industrie unverzichtbar ist, sich aber nur bedingt als Fassadengerüst eignet, hat sich auch nicht geändert. Nicht zuletzt, weil es dafür zu schwer und zu teuer ist. Unsere Aufgabe war es nun, das Modulgerüst so abzuspecken, dass wir in den Bereich des Fassadengerüstes gelangen konnten. Das Ergebnis ist der Super RS.

ABZ: Gibt Scafom-rux mit diesem System den Gedanken auf, Produkte aus dem Materialpark des Kunden weiter zu verwenden, oder muss sich der Kunde von seinem bestehenden Material verabschieden?

Gebauer: Auf jeden Fall nein. Scafom-rux geht genau in die andere Richtung. Mit unserem modularen Fassadengerüst Super-RS wollen wir möglichst viele „alte“ Bauteile aus dem Fassadengerüstsystem retten, damit der Kunde ein überschaubares Neuinvestitionsvolumen hat und seine Bauteile weiterverwenden kann.

ABZ: Warum entscheidet sich ein Kunde für ein modulares Fassadengerüst?

Gebauer: Punkt eins ist natürlich die integrierte Konformität mit TRBS 2121, was bedeutet, dass automatisch ein vorlaufendes Geländer gebaut wird. Sie können die oberste Schicht also nicht ohne Seitenschutz betreten. Punkt zwei ist die sparsamere Nutzung der Ladefläche auf dem LKW, da die Ständer kompakter zu stapeln sind als die starren Rahmen herkömmlicher Fassadengerüstsysteme. Also kleinere Teile. Und drittens ist der Kunde im Bereich stark zerklüfteter Fassaden deutlich flexibler als bei einer reinen Rahmenkonstruktion, bei der er eine Rohrkupplung verwenden müsste. Hier können Sie nun viele Fälle mit dem System selbst abdecken, da es über modulare Fähigkeiten verfügt. Darüber hinaus lässt sich das Super-RS mit den meisten zumindest auf dem deutschen Markt erhältlichen Modulgerüsten kombinieren – nicht zuletzt dank des Standard-Gerüstrohrdurchmessers von 48,3 mm. Darüber hinaus weist das System dank der Wahl der Diagonalen eine extrem hohe Steifigkeit auf.

ABZ: Was ist das Besondere an den Diagonalen?

Gebauer: Wir haben uns für die bewährten Ringscaff-Diagonalen entschieden, also einen Keilkopf anstelle der bei anderen Systemen verwendeten Kupplung. Und damit verbunden die automatische rechtwinklige Ausrichtung ohne ständiges Nachnivellieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass die dünnwandigeren Rohre des Systems zur Gewichtsreduzierung beitragen, die durch die höheren Streckgrenzen des Stahls ausgeglichen wird. Dadurch bleibt die Stabilität gleich oder erhöht sich stellenweise sogar. Ansonsten ist uns der Fokus auf Profitabilität aus Kundensicht wichtig. Im Idealfall muss er nur in die Stiele investieren; alles andere aus seinem System kann verwendet werden. Das System kann problemlos mit Superbelägen, U-Stützen und Rohrstützen verwendet werden. Gleiches gilt für bestehende Konsolen. Wer den Ringscaff-Modulrahmen bereits verwendet, kann sogar die herkömmlichen Ringscaff-Starterteile anstelle des Super-RS-Grundständers verwenden und dann den Super-RS-Nachfolgeständer verwenden, so dass wieder ein neues Teil gespart wird.

ABZ: Wo hat Ihr Unternehmen die Entwicklungsschwerpunkte?

Gebauer: Unser Ziel für den Kunden war ganz klar die nachhaltige Nutzbarkeit bestehender Bestände bei gleichzeitig optimaler Sicherheit gemäß den geltenden und – soweit absehbar – zukünftigen Vorschriften. Natürlich muss das System trotzdem einfach und logisch nachvollziehbar bleiben. Schließlich kommt noch die erhöhte Flexibilität hinzu, da die starren Rahmen nicht mehr benötigt werden.

ABZ: Konzentrieren Sie sich jetzt in Ihrer technischen Abteilung ausschließlich auf die Weiterentwicklung dieses Systems?

Gebauer: Nein, definitiv nicht. Es wäre völlig falsch zu sagen, dass dieses System das einzige sein wird, das nachhaltig ist. Auch beim konventionellen Rahmengerüst arbeiten wir weiter an der Optimierung. Denn seien wir ehrlich – es gibt nichts wirtschaftlicher als Rahmengerüste für einfache Standardfassaden: Und es wäre fatal, wenn wir unsere Kunden jetzt zwingen würden, sich von funktionierenden und etablierten Technologien zu verabschieden und komplett in neue Systeme zu investieren. Es ist immer die Frage, in welchem ​​Marktsegment der Gerüstanwender tätig ist.

ABZ: Sie haben das Gerüstsystem unter Realbedingungen getestet. Wie sind Ihre Erfahrungen beim Testen mit Benutzern?

Gebauer: Zunächst einmal sind die Reaktionen natürlich immer ein bisschen abwartend, weil es logistisch etwas völlig Neues ist. Der Monteur muss erst verinnerlichen, welcher Griff wohin gehört. Hier ist nicht mehr alles wie bei den Rahmen, sondern folgt einer eigenen Logik. Aber nach einem kurzen Lernprozess kann man es bekommen. Darüber hinaus sind unsere Griffe farblich gekennzeichnet, sodass Sie auf einen Blick sehen können, was wohin gehört. Das hilft nicht nur beim Zusammenbau enorm, sondern auch beim Beladen. Bei der Montage selbst hat sich gezeigt, dass die sogenannte „Variante 1“ weiterhin verwendet werden kann, also vom äußeren Ende einer Schicht zurück zur Treppe arbeiten – aber bereits mit Seitenschutz gesichert und nicht wie bisher frei balancierend auf die oberste Schicht. Ein weiterer Vorteil, der in den Tests festgestellt wurde, ist, dass Sie entscheiden können, ob Sie abnehmbare oder feste Geländer verwenden möchten. Beides ist möglich und damit sind Sie auch bei künftigen Verschärfungen durch die Bau BG, die sich deutlich abzeichnen, auf der sicheren Seite.

ABZ: Wie sehen Sie den Markt in Deutschland und Europa in zehn Jahren?

Gebauer: Der Markt wird sich so verändern, dass die Sicherheit im Gerüstbau eine noch größere Rolle spielen wird. Stichwort „definitiver Handlauf“ und absehbar der „definitive Knieholm“. Auch das Thema Innengeländer wird früher oder später akut werden, um die Gefahren beispielsweise bei Dämmarbeiten zu minimieren. Modulare Fassadengerüste werden sich weiter ausbreiten, jedoch nicht zu einer vollständigen Verdrängung konventioneller Gerüstsysteme führen. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, der sich Scafom-rux aber klar verpflichtet hat, ist es, diese Systeme durch kontinuierliche Weiterentwicklung und Sicherheitsupdates vital zu halten. Schließlich hat der Kunde nicht nur Geld in das seit vielen Jahren im Einsatz befindliche Gerüst investiert, sondern auch Vertrauen in den Hersteller und in die langfristige Nutzbarkeit. Hier punktet der Super-RS deutlich mit der problemlosen Wiederverwendung eines Großteils der bereits vorhandenen Teile.

ABZ: Wird es Ihrer Meinung nach jemals „das eine“ Gerüstsystem geben, mit dem sich alle Aufgaben optimal meistern lassen?

Gebauer: Auch im Bereich Gerüstbau ist der Weg zur eierlegenden Wollmilchsau mit Kompromissen geebnet. Je mehr Teile Sie einem Gerüstständer hinzufügen möchten, desto mehr Hindernisse werden Ihnen im Weg und das System wird komplizierter oder instabiler. Wir setzen lieber auf „einfache Effizienz“, wenn Sie so wollen. Gleichzeitig sind wir aber der klaren Meinung, dass wir mit dem Super-RS das Beste aus den beiden Welten Modul und Fassade in einem Gerüstsystem vereint haben. Und das mit dem großen Plus an Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit.