Schloss Neuschwanstein wird restauriert: Gerüst de luxe - DER SPIEGEL

2022-05-21 19:32:12 By : Ms. Joanna Hong

Schloss Neuschwanstein wird restauriert: Gerüst de luxe

Majestätisch erhebt sich Schloss Neuschwanstein über der winterlichen Berglandschaft Schwangaus, umhüllt von einer Schneedecke - und vielen Baugerüsten. Das weltberühmte Märchenschloss von König Ludwig II. hat diverse Schönheitsmakel: Risse in den Außenmauern, instabile Buntglasfenster, verblasste Wandfarben, beschädigter Parkettboden. Und durch die Dachfenster suppt der Regen.

Vor knapp zwei Jahren hat die Sanierung des Baudenkmals begonnen - bei laufendem Betrieb. "Wir sind Zeitzeugen einer Maßnahme, die es so noch nie gegeben hat", sagt Schlossverwalter Johann Hensel. Denn erstmals seit 130 Jahren wird auch im Inneren vollumfänglich restauriert: 93 Räume und mehr als 2300 Einzelobjekte - darunter Gemälde, Möbel, Textilien, Fenster, Türen, Wände.

Für die Bayerische Schlösserverwaltung ist es eine der größten und komplexesten Innenrestaurierungen ihrer Geschichte. Die Kosten für den Freistaat Bayern: 20 Millionen Euro.

Schloss Neuschwanstein wird restauriert: Gerüst de luxe

Im Treppenhaus zum vierten Obergeschoss dunstet der Geruch von frischem Holz. Den Sängersaal, den größten Raum neben dem Thronsaal, füllt derzeit fast zur Hälfte ein Baugerüst. "Gerüst de luxe" nennt es Hensel, da es freistehend ist und somit keine Wände beschädigt.

Eine Plane hängt zwischen Wand und Gerüst, auf der die originalen Wandgemälde gedruckt sind. An einzelnen Stellen ist sie transparent, damit die Besucher einen Blick auf die Arbeiten dahinter erhaschen können - etwa auf einen der Restauratoren. Im Wollpullover kniet er auf dem Boden, die Temperatur im Saal liegt bei gerade mal fünf Grad. Mit Pinseln und Skalpellen retuschiert er die Wandfassungen.

Atemluft der Touristen schadet den Räumen

Trotz der Bauarbeiten gibt es weiter Führungen durch das berühmte Schloss. Alle fünf Minuten wandert eine neue Gruppe durch den Saal. Die Meinungen der Gäste sind gemischt: Der eine findet die Baustelle "spannend", der andere "störend". Schlossverwalter Hensel betont die Vorteile: "Durch den Austausch mit den Restauratoren sammeln die Führer weiteres Wissen. Das kommt wiederum den Gästen zugute." Dennoch: Ein Drittel der für Besucher zugänglichen Räume wird die nächsten Jahre von den Arbeiten betroffen sein.

Die rund 1,5 Millionen Touristen im Jahr sind ein Grund für die Restaurierung: einmal anfassen hier, einen Schmuckstein mit der Nagelfeile rausschneiden dort. Durch das Schloss, das der menschenscheue Ludwig II. ursprünglich als Rückzugsort bauen ließ, stapfen täglich bis zu 8000 Gäste.

Bis heute sollen es 60 Millionen Besucher gewesen sein - und diese haben ihre Spuren hinterlassen. Besonders schädlich für die historischen Innenräume ist die Luftfeuchtigkeit, die sie hereinbringen, unter anderem durch ihre Atemluft. Wie ein feuchter Film legt sich diese auf die Innenausstattung und das Mauerwerk, lässt mit der Zeit Textilien schimmeln und Wandfarben verblassen.

Schönheitskur dauert wohl bis 2022

Eine neue Lüftungsanlage soll Abhilfe schaffen: Sie absorbiert Feuchtigkeit und führt trockene Frischluft zu. Dadurch kann die Ausstattung und Bausubstanz dauerhaft konserviert werden.

Hilfreich ist da das historische Rohrsystem. Es wurde ursprünglich dazu genutzt, warme Luft in die Räume zu blasen. Jetzt findet hier die neue Lüftungsanlage Platz: "Da wir in die denkmalgeschützten Wände nicht einfach schlitzen können, verwenden wir die Warmluftkanäle", erklärt Heiko Oehme von der Bauabteilung der Schlösserverwaltung.

Die komplette Schönheitskur dauert voraussichtlich bis 2022. Das Baugerüst am historischen Torbau soll Mitte des Jahres abgebaut werden. Solange müssen Touristen sich mit dem einen oder anderen Makel auf ihren Fotos abfinden. Aber auch Märchenschlösser müssen sich hin und wieder herausputzen.

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Touristenmagnet im Schwangau: Schloss Neuschwanstein wird jährlich von rund 1,5 Millionen Menschen besucht. Es zählt zu den beliebtesten Attraktionen Deutschlands.

Eingerüstetes Torhaus: Nun wird Schloss Neuschwanstein saniert - bei laufendem Betrieb.

Die Besucher kommen aus aller Welt angereist. Bis heute sollen es rund 60 Millionen gewesen sein.

Märchenschloss am frühen Morgen: Täglich werden um die 8000 Besucher durch die Räume geschleust - und sie hinterlassen ihre Spuren.

Risse an den Wänden: Erstmals seit 130 Jahren wird das Schloss auch im Inneren vollumfänglich restauriert.

Besonders schädlich für die historischen Innenräume ist die Luftfeuchtigkeit, die die Besucher hereinbringen, unter anderem durch ihre Atemluft.

Ein feuchter Film legt sich auf die Innenausstattung und das Mauerwerk, lässt mit der Zeit Textilien schimmeln und Wandfarben verblassen.

Sängersaal des Schlosses: Ein besonderes Baugerüst wird für die Restaurierung genutzt. Es ist freistehend und beschädigt somit keine Wände. "Gerüst de luxe" nennt es Schlossverwalter Johann Hensel.

Verpackt ist das Schloss auch von außen. Das Baugerüst am historischen Torbau soll allerdings bereits Mitte 2019 wieder abgebaut werden.

König Ludwig II. begann mit dem Bau seiner "Neuen Burg" 1869. Er verehrte die Kultur des Mittelalters und errichtete sein Schloss in mittelalterlichen Formen - aber mit für die damalige Zeit modernster Technik.

Die Baumaßnahmen erstrecken sich über 93 Räume.

Mehr als 2200 Objekte werden restauriert, darunter 184 Wand- und Deckenfassungen, 65 Gemälde, 355 Möbel, 228 Textilien und Lederobjekte, 322 kunsthandwerkliche Objekte, 315 Holzbauteile, 196 Natur- und Kunststeinobjekte sowie 664 Fenster und Außentüren.

Leuchter, Edelsteine und ganz viel Gold: Die komplette Restaurierung dauert voraussichtlich bis 2022.

Schönheitskur für eine Sitzbank: Für die Bayerische Schlösserverwaltung ist es eine der größten und komplexesten Innenrestaurierungen ihrer Geschichte. Die Kosten für den Freistaat Bayern betragen 20 Millionen Euro.

Eingerüstetes Torhaus: Ganz so fotogen ist Schloss Neuschwanstein derzeit nicht.

Zeitlich begrenzte Teilschließungen einzelner Räume sind laut der Bayerischen Schlösserverwaltung unumgänglich. Diese werden jedoch, soweit möglich, in besucherärmere Zeiten gelegt. Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bittet um Verständnis: "Dafür erstrahlen die kostbar ausgestatteten Prunkräume anschließend wieder in ihrem ursprünglichen Glanz."

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