Im Oberammergau Museum arbeitet man an einem ganz besonderen Projekt

2022-10-01 16:21:27 By : Mr. Jacky Chan

Oberammergau – Mit Flies umwickelt und umnäht Künstlerin Michaela Gräper die Barockkommode und das Hammerklavier, deckt mit dem Material auch die Exponate in der Wandvitrine kunstvoll ab. „Vier Kilometer Faden habe ich bereits verarbeitet“, lässt die Bildhauerin wissen. Ihr macht die Mitarbeit beim Projekt „(IM)MATERIELL – Stoff, Körper, Passion. Eine Gebäude- und Rauminstallation zur Passion 2022“ im Oberammergau Museum großen Spaß.

„Ein spannendes, ungewöhnliches Projekt. Es verfremdet, lenkt die Aufmerksamkeit auf Kunstobjekte, die sonst vielleicht kaum Beachtung fänden“, sagt sie. Konkret bedeutet es, in dem Raum hinter der mit aufgetrennter blauer Passionskleidung bespannten Wand, in dem sie arbeitet, werden nur die kleine wunderschöne Kronos-Statue und die antike Kaminuhr so zu belassen, wie sie sind. „Sie werden auch noch beleuchtet, lenken Blicke und Gedanken sofort auf das Thema Zeit“, erklärt Museumsleiterin Dr. Constanze Werner das Konzept.

In einem anderen Raum mit Hinterglasmalereien geht es um Strukturen und darum, dass Mensch, Natur und Jahreszeiten Teil des Universums sind. Auch das Leiden Jesus Christus wird eingegrenzt, durch herabhängende Blutstropfen verbildlicht. Immer schaffen die Passionskleiderwände veränderte Raumachsen, lassen auch Verbindungen von drinnen nach draußen entstehen. Es sind viele Ideen, die umgesetzt werden.

Nicht jede möchte Dr. Werner bereits jetzt preisgeben, „denn alles ist gerade im Entstehen, wir sind noch beim Ausprobieren“. Nur so viel noch, dass sich die Verfremdungen von der großen Krippe im Erdgeschoss bis ins Dachgeschoss ziehen werden, es neben Lichtinstallationen und Klangebenen auch eine Haarwerkstatt mit Klaus Vogt geben wird. Schließlich sorgt er für den ‚Roten Faden‘ des Projekts. „Der 72-Jährige hat von den Passionen 2000 und 2010 die abgeschnittenen Haare gesammelt und diese zu einer inzwischen 1000 Meter langen Schnur gedreht“, erläutert Dr. Werner. „Es ist quasi die DNA des Passionsspielortes Oberammergau, die sich bei uns über das gesamte Treppenhaus ziehen wird“.

Bereits im Eingangsbereich wird der Ausstellungsbesucher per Film über Haarprojekt und Konzept informiert, bekommt einen Flyer als Führer und am Schluss zum Mitnehmen ein Stück Stoff von einem Passionsgewand überreicht.

Lange hatte das Museumsteam überlegt, wie während der Passionsspielzeit auf ihr Haus, auf das Großartige an Volkskunst, das hier gezeigt wird, aufmerksam gemacht werden kann. Dann entstand die Idee, durch Verhüllen die Neugier zu wecken. Die außergewöhnliche und mutige Gebäude- und Rauminstallation war zur Passion 2020 nicht nur geplant, sondern die Umsetzung bereits in vollem Gange. Das Außengerüst stand, das Verhängen mit Stoff – genäht aus Passionskostümen drinnen, kaschiert auf Platten draußen –weit fortgeschritten. Dann kam die pandemiebedingte Absage. „Das musste man erst einmal psychisch verkraften“, erinnert sich Dr. Werner. Schnell stand aber fest, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist. Abbau und Rückführung wurden mit Neuplanung und Neuorganisation für 2022 verbunden.

Inzwischen hieß es: Alles auf Anfang. Das Gerüst steht wieder, auch die Platten sind da. Der riesige blaue Kubus, selbst ein Kunstwerk, wird demnächst das Bild in der Dorfstraße prägen. Auch drinnen gehen die Installationen, alle in handwerklicher Arbeit, gut voran. Ab 23. April kann die Präsentation dann besucht werden. Mehr Infos unter www.oberammergaumuseum.de sm