Das Gerüst wackelt: Bayern-Krise als lähmendes Gift

2022-10-01 16:24:12 By : Ms. May Yang

Die Krise des deutschen Rekordmeisters FC Bayern München hat auch negative Auswirkungen auf die Nationalmannschaft, die in der Nations League in England (Montag, ab 20:45 Uhr im Liveticker) gefordert ist. Die Münchner Stars bilden normalerweise das Gerüst des DFB-Teams, sind wenige Wochen vor WM-Start aber weit von ihrer Topform entfernt.

München - Thomas Müller war fassungslos. "Es wird immer dunkler, das ist gerade auch unsere Gefühlswelt", sagte er nach dieser vollkommen ernüchternden 0:1-Niederlage, "ich kann nicht viel Positives erzählen. Ich bin bedröppelt." Sein Teamkollege Joshua Kimmich, zuvor fast überhaupt nicht im Spiel, ärgerte sich "brutal". Serge Gnabry gab lieber kein Interview: Ihm war in begrenzter Einsatzzeit fast nichts gelungen. 

Das war vor gut einer Woche - nach der Bundesliga-Pleite des FC Bayern beim FC Augsburg. Eine Woche später ist die besorgniserregende Formkrise der Bayern-Stars wie Gift in die deutsche Nationalmannschaft gesickert.

Müller, Kimmich, Gnabry oder Leroy Sane sollen sich mit Manuel Neuer zum Gerüst verbinden, auf das Hansi Flick seine Weltmeister-Mannschaft stützt: Sie waren beim 0:1 (0:1) in der Nations League gegen Ungarn erschreckend weit entfernt von dem, was sie in Bestform zu leisten imstande sind.

Für den Bundestrainer ist das keine zwei Monate vor dem deutschen WM-Start gegen Japan am 23. November eine äußerst beunruhigende Nachricht. "Oft war die Nationalmannschaft der Ort, an dem man es in eine andere Richtung gebracht hat", sagte Flick, "das haben wir auch gehofft, dass wir die Vereine unterstützen können." Oder: den Verein, ohne dessen Spieler es nichts werden wird mit dem WM-Titel. Die Krise sitzt aber anscheinend so tief, dass dies nicht geht.

"Wenn man eine offensiv so stark besetzte Mannschaft wie Deutschland sieht, glaubt man natürlich, dass bei Spielern wie Kai Havertz, Leroy Sane, Jamal Musiala oder Thomas Müller viele Tore fallen müssen", analysierte der englische Ex-Bayern-Star Owen Hargreaves im Interview bei ran nach der Niederlage gegen Ungarn, "aber wenn man viel Ballbesitz hat und sehr hoch steht, dann ist man immer sehr anfällig für Konter. Bei England ist das genauso".

Flick muss sich nun eben vor der Partie in London sehr gut überlegen, was er tut. Die Behäbigkeit im Ungarn-Spiel schrie nach den Dribblings und der Kreativität eines Jamal Musiala. Der wird vom Bundestrainer in den Himmel gelobt, ist aber auch Bayern-Spieler - und demnach ebenfalls von schwerer Last bedrückt. Zudem müsste Flick, wollte er Musiala von der Leine lassen, das Denkmal Müller zum Einsturz bringen. 

Denn Müller aus der Mitte auf die Seite zu schieben, erscheint angesichts hochkarätiger Alternativen dort, die aber wie Sane oder Gnabry auch zumeist wieder Bayern-Spieler sind, sinnlos. Müller, der ewige Immerspielende, die ordnende Hand in der Offensive - ist der nicht unantastbar? Flick führte mit ihm beim Training am Sonntag ein Einzelgespräch. 

Kimmich rät den Kollegen, sich auf ihre zweifellos vorhandene Klasse zu verlassen. Rund acht Wochen bleiben, sich aus dem Form- und Stimmungstief in eine WM-Euphorie hochzuziehen.

"Generell sollte jeder von uns immer mit einem gewissen Selbstvertrauen auf den Platz gehen", forderte Kimmich, "jeder hat eine gewisse Qualität. Bei mir ist es so, dass ich das letzte Spiel gut abhaken kann." Inzwischen aber sind es vier Ligaspiele ohne Sieg und eines in der Nationalmannschaft. 

Müller, sofern er denn in der Mannschaft bleibt, könnte am Montag (ab 20:45 Uhr im Liveticker) in Wembley gegen England übrigens noch mit einer anderen Geschichte abschließen: Im verlorenen EM-Achtelfinale (selber Gegner, selber Ort, selber Schiedsrichter) war er alleine auf den englischen Torwart zugelaufen - und er schoss vorbei.

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