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Münster/Dortmund (dpa) - Eine abgetretene Gerüstbohle im Wohnzimmer? Die Bretter sind doch unansehnlich - jahrzehntelang von Wind und Wetter malträtiert, mit Farbe bespritzt, mit Nägeln durchhämmert und von Bauarbeitern zertrampelt.

Bernd Schuster sieht das völlig anders: Er baut aus alten Gerüstbrettern neue Möbel. Tische, Sofas, Regale. Alles schicke - und teure - Designer-Stücke. Möbel aus Gerümpel liegen im Trend. Lampen aus Eisstielen und Tische aus Weinkisten sind bei Design-Wettbewerben die Renner. Dahinter steckt oft auch eine "grüne" Idee.

"Die Spuren im Material sind gerade das Faszinierende an der Arbeit mit Gerüstbohlen-Holz", sagt der Geschäftsführer von "Bauholz Design". "Wir geben dem Holz ein zweites Leben als Möbelstück." Privathäuser, Blumenläden, Restaurants und sogar einen Fisch-Verkaufsstand hat Schuster schon mit Möbeln aus aussortierten Gerüstbohlen eingerichtet. "Die Nachfrage steigt beständig."

Eigentlich verkaufte das 1999 in Münster gegründete Unternehmen Keramik. Als die aber bei einer Messe auf einem Tisch aus Gerüstbohlen präsentiert wurde, wollten Messebesucher plötzlich den Tisch kaufen - und die Geschäftsidee war geboren. Inzwischen sind mehrere Einkäufer in ganz Deutschland für Bernd Schuster auf der Suche nach altem, nicht imprägniertem Gerüstholz.

"Nur rund 60 Prozent einer Lieferung kann zu Möbeln verarbeitet werden, der Rest muss wegen Rissen oder anderer Beschädigungen aussortiert werden", sagt Schuster. Die geeigneten Bohlen müssen zunächst trocken gelagert und von Nägeln und Farbe gereinigt werden. Erst dann kann jedes einzelne Brett aufwendig per Hand geschliffen werden.

Normalerweise werden die abgenutzten Bohlen einfach verbrannt, sagt Werner Majer vom Bundesverband Gerüstbau. "Zu Beginn sind sie ungefähr drei Meter lang. Irgendwann werden sie faul oder gehen kaputt, dann schneidet man immer mehr ab, und nach spätestens 30 Jahren ist meistens Schluss." Dann kommen die Holzbretter ins Feuer - oder eben ins Wohnzimmer.

Das Wiederverwenden alter Materialen liegt im Trend, sagt Werner Baumann, Dozent am Institut für Umweltforschung der Technischen Universität Dortmund. "Die Menschen wollen mehr Individualität in ihren Wohnungen." In seinen Vorlesungen versucht Baumann, die Studenten an den Einsatz von gebrauchten Rohstoffen heranzuführen. Auch einen europaweiten Recycling-Design-Wettbewerb hat er mit Partnern ins Leben gerufen.

Ob Tische aus Weinkisten, Lampen aus Eisstielen und Muffin-Förmchen oder Vasen aus Plastikflaschen - "die Produkte sollen so gut sein, dass sie mit Neuprodukten konkurrieren können, und das gelingt auch." Ein Regalsystem aus wiederverwendeten Spanplatten des Herforder Designers Oliver Schübbe, das bei dem Wettbewerb entstand, ist bereits mehr als 8000 Mal verkauft worden.

Auch alte Möbelstücke sollen wieder "aufgemöbelt" werden: "Jedes Jahr fallen sieben Millionen Tonnen Möbelmüll in Deutschland an. Diesen Abfallberg wollen wir reduzieren", sagt Umweltforscher Baumann. Durchschnittlich behält der Mensch ein Möbelstück 5 bis 15 Jahre. Nur zehn Prozent werden danach verkauft oder weitergegeben - wie Antiquitäten und brauchbare Büromöbel. 90 Prozent der Möbel werden aber weggeschmissen. "Das ist eine unglaubliche Ressource, aus der wir schöpfen können", sagt Baumann. "Da sollten wir uns die Rosinen rauspicken und schöne Dinge draus machen."

Bauholz Design: www.bauholzdesign.com

Homepage von Werner Baumann: dpaq.de/Werner_Baumann

Bundesverband Gerüstbau: www.geruestbauhandwerk.de

Recycling Designpreis: dpaq.de/Designpreis

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