Nach Italien-Spiel: WM-Gerüst der deutschen Nationalmannschaft steht - WELT

2022-06-18 21:14:13 By : Ms. Sara Hsu

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich mit einem Kantersieg gegen Italien in die Sommerpause verabschiedet. Nach einer 1:1-Serie gelang dem Team von Bundestrainer Hansi Flick am vierten Spieltag der Nations League ein 5:2 gegen den Europameister.

K urz vor Mitternacht verließ Hansi Flick das Stadion in Mönchengladbach. Der Bundestrainer umarmte die Mitglieder seines Betreuerteams, ehe er sich ins Hotel begab und sich damit zugleich in den Urlaub verabschiedete.

Flick strahlte. Was an diesem Dienstagabend nicht überraschte, hatte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die er seit knapp einem Jahr betreut, das vierte Nations-League-Spiel binnen elf Tagen doch eindrucksvoll für sich entschieden – 5:2 (2:0) gegen Italien.

Flick dankte seiner Mannschaft, der es gelungen war, nach zuvor drei Unentschieden – jeweils 1:1 gegen Italien, England und Ungarn – vor der Sommerpause noch einmal ein Zeichen zu setzen. Die Unruhe, die nach teils dürftigen Darbietungen in der Öffentlichkeit aufgekommen war, hatte auch Flick registriert. „Im vierten Spiel so eine Leistung abzurufen, das war ein richtiger Stresstest. Wir haben diesen Sieg gebraucht. Siege sorgen für Selbstvertrauen und für Selbstverständnis“, sagte der 57-Jährige. „Wir haben nicht alles top gemacht, aber darüber wollen wir heute nicht reden.“

Joshua Kimmich (10. Spielminute), Ilkay Gündogan per Foulelfmeter (45.+4) und Thomas Müller (51.) hatten das deutsche Team mit 3:0 in Führung gebracht, ehe Timo Werner mit einem „Doppelpack“ (68. und 69.) das Vertrauen in ihn rechtfertigte. Flick hatte erneut auf den zuletzt glücklosen Stürmer vom FC Chelsea gesetzt. Werner glänzte gegen Italien zwar nicht, aber er traf und zahlte zurück. „Tore sind immer gut für einen Stürmer. In meinem Fall doppelt und dreifach, wenn man nach jedem Spiel angezählt wird“, sagte Werner. „Dass ich gerade nicht der bin, der ich mal war, der jeden Ball reingeschweißt hat, ist klar. Aber ich arbeite daran, da wieder hinzukommen.“

Wilfried Gnonto (78.) und Alessandro Bastoni (90.+4) trafen für Italien – und sorgten damit auch für ein wenig Frust bei Manuel Neuer, der gern „zu Null“ gespielt hätte. Nachdem dem zweiten Gegentor winkte der deutsche Torhüter verärgert ab. Und das am Ende einer Partie und am Ende einer Reise mit vier Länderspielen, in denen der 36 Jahre alte Kapitän einmal mehr gezeigt hat, in welch überragender Form er wieder ist. Neuer hält wieder vermehrt die „Unhaltbaren“.

Als Gianluca Caprari in der 57. Spielminute Neuer bereits umkurvt hatte und einschieben wollte, drehte sich der Torwart um die eigene Achse, schmiss sich zurück auf die Linie und wehrte den Ball ab. Der Treffer hätte aufgrund einer Abseitsstellung zwar nicht gezählt, dennoch wurde Neuer im Anschluss online von Experten und Fans für die Parade gefeiert.

Neuer zählt zu den Stützen in Flicks Team, das auf dem Weg zur WM in Katar, die am 21. November beginnt, schon klare Konturen hat. Der Torhüter, die Innenverteidiger Antonio Rüdiger und Niklas Süle, Joshua Kimmich im defensiven und Thomas Müller im offensiven Mittelfeld bilden das Gerüst. Das dürfte nun auch von Ilkay Gündogan komplettiert werden, der auf der Position neben Kimmich aktuell im Duell mit Leon Goretzka vorn liegt. Der Profi von Manchester City durfte gegen Italien und gegen England von Beginn an ran. In beiden Spielen gaben die Deutschen 15 Schüsse auf das gegnerische Tor ab, in den anderen zwei Partien, als Goretzka erste Wahl war, lediglich fünf. Die Flick-Auswahl hatte mit Gündogan mehr Kontrolle im Zentrum.

Als es im Nachgang des Spiels gegen Italien in die Analyse und um Gründe für den Sieg ging, sagte Thomas Müller nicht einfach nur, dass man etwas riskanter und mit mehr Mut gespielt habe. Der 116-malige Nationalspieler holte weit aus und referierte über das Risiko eines Ballverlustes. „Mit dem Wissen“, so Müller, „den zweiten Ball wegzuschnappen. Also ein sachlicher Mut und kein emotionaler. Wenn wir das in der Offensive ein bisschen besser verstehen, dass eine Flanke, die nicht direkt zum Tor führt, mit dem zweiten Ball gefährlich wird, wenn wir so positioniert sind, dann machen wir uns das Leben leichter.“

Müller fügte an, dass man gute Spieler, eine gute Einstellung und ein gutes Projekt am Laufen habe. „Aber wir haben noch allerhand Defizite, so ehrlich muss man sein“, ergänzte er. „Wir haben alles, um an einem guten Tag jeden schlagen zu können. Wir müssen in den fußballschlauen Dingen, also das Richtige machen zu wollen, noch draufpacken.“ Was er meint: einfache Pässe sowie keine unnötigen Dribblings, die in Ballverlusten enden.

Mit einem 5:2 gegen Italien in der Nations League konnte Bundestrainer Hansi Flick mit seinen Spielern die 1:1-Krise beenden. Jimmy Hartwig, ehemaliger DFB-Nationalspieler, schätzt die Leistung der Mannschaft ein – auch hinsichtlich der WM in Katar.

Bis zu den nächsten Länderspielen ist viel Zeit: Am 23. September trifft Deutschland in Leipzig auf Ungarn, am 29. September in London gegen England. Der letzte WM-Test für die Mannschaft von Flick, der nach bislang 13 Spielen unter seiner Regie auf eine Bilanz von neun Siegen, vier Unentschieden und 42:7 Toren kommt, steigt während des Trainingslagers in Dubai.

In das Camp bricht die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in der Nacht zum 14. November auf. Das erste WM-Spiel in der Gruppe steigt am 23. November gegen Japan, es folgen die Partien gegen Spanien (27.11.) und Costa Rica am 1. Dezember. Das Team aus Zentralamerika hatte sich am Dienstag mit einem 1:0 gegen Neuseeland für die WM qualifiziert.

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